Tania, weshalb ist die feministische Themenreihe für die reformierte Kirche von Bedeutung?
Damit können wir eine sehr patriarchale Tradition aufbrechen. Feministisch-theologische Inhalte werden immer wichtig sein für die Kirche. Ich würde sagen, solange es die Bibel gibt, braucht es Feminismus. Die Bibel ist ein sehr altes Buch, deshalb müssen wir hier die Bedeutung und den Blick auf die Inhalte neu schärfen.
Wie lange gibt es feministische Theologie bereits?
Schon sehr lange. Durch Forschung konnte bewiesen werden, dass Frauen bereits in der mittelalterlichen Kirche grossen Einfluss hatten. Am Ende des 19. Jahrhunderts entstand innerhalb der US-amerikanischen Theologie eine erste feministische Welle. Klar, die Bewegung war in einer Nische, auch in der Schweiz. In den 1970er-Jahren entstand rund um das evangelische Tagungszentrum Boldern in Männedorf (ZH) wie auch an anderen Orten eine alternative, feministische Szene. Mit den Jahren wurde die Bewegung ökumenischer, später auch interreligiös. Leider schwächelt der ökumenische Zusammenhalt etwas, was aus meiner Sicht sehr schade ist.
Wie hast du den Weg zur feministischen Theologie gefunden?
Ich durchlief meine feministische Ausbildung in den USA. Dort studierte ich Theologie, doktorierte auch in den USA zu einem feministischen Thema. An der US-amerikanischen Universität, an der ich promovierte, war der Feminismus etabliert. Meine Doktorarbeit wurde von vier feministischen Professorinnen betreut. Wichtig zu erwähnen ist, dass feministische Forschung sich nicht nur für die Sichtbarkeit von Frauen einsetzt, sondern beispielsweise auch Sklav:innen in der Bibel und deren Darstellung kritisch untersucht.
War Feminismus für dich ein Prozess?
Ich war schon immer Feministin. Es fällt mir aber auf, dass die jüngeren Studierenden, die ich an der Uni Basel betreue, in das Thema hineinwachsen müssen. Feministische Perspektiven sind in den Bibelwissenschaften sehr wichtig geworden, wir können sie nicht mehr ignorieren.
Apropos junge Leute: Wer ist das Zielpublikum der Themenreihe?
Es ist ein diverses Publikum. Angesprochen werden Leute, die noch in irgendeiner Beziehung zur (reformierten) Kirche stehen, sich aber nicht genug abgeholt fühlen. Sie müssen nicht mal eine Veranstaltung der Themenreihe besuchen. Ein erster Schritt ist, dass diese Menschen wahrnehmen, dass die reformierte Kirche die alten Strukturen aufbrechen will. Aber: wir sprechen nicht für alle Menschen in der Kirche. Und die Reihe läuft eher innerkirchlich. Das heisst: Ein minimaler Bezug zur reformierten Kirche muss vorhanden sein.
Ihr möchtet also, dass sich das Bild der reformierten Kirche ändert.
Genau! Feministische Theologie soll als selbstverständlicher Teil der reformierten Kirche wahrgenommen werden. Eine diverse Kirche sozusagen. Wir werden deshalb als Beispiel im Juni uns sichtbar am feministischen Streik beteiligen.
Wie ist das erste Feedback auf die Reihe?
Wir erhalten viel wohlwollendes, dankbares Feedback. Aber klar, es gibt Leute, die es unmöglich finden. Gott sei Dank erhalten wir Initiantinnen nicht alle Hassmails, da wird vorgängig gefiltert.
Zum Abschluss: Warum ist Gott denn keine Spiesserin?
Es geht bei dem Titel vor allem um Sprachbilder. Wir haben für die Themenreihe ein Zitat von der deutschen Dichterin Else Lasker-Schüler abgewandelt. Sie sagte, dass Gott kein Spiesser sei. Darauf haben wir aufgebaut. Was Gott aber ist, da vermag ich mir kein Urteil bilden.
ZUR THEMENREIHE:
Pfarrerinnen der reformierten Kirchgemeinde Zürich präsentieren während eines Jahres mit einer feministischen Themenreihe. Besprochen werden dort verschiedene feministisch-theologische Inhalte. Mehr Infos.