What the Kuckuck??? So viel Hass, so wenig Liebe 

Wohin driftet die Gesellschaft und warum ist der alte Hass wieder so im Aufwind? Anhand von vier aktuellen Werken erörtern wir die grassierende Hasswelle in unserer Gesellschaft. Der aufkeimende Antisemitismus, die verrückten Gewalttaten und und und. Wirklich im wahrsten Sinne der Wörter: Oh my fucking God(s)

Autor:in:
Daniel Klein
Titelbild:
Gaby Gerster
Hinweise:

Weiterhin Waffenwahnsinn in den USA

Fangen wir doch erstmal im fernen Amerika, genaugenommen in den Vereinigten Staaten von Amerika an. So vereint scheint es eigentlich nicht zu sein, beachtet man den Föderalismus und ihre abstrusen Gesetze. Auch unter der Obama-Adminstration ist es nicht gelungen, die Waffengesetze zu minimieren. Eher im Gegenteil - so hatte man den Eindruck - ist alles schlimmer geworden. Mit «Bloodbath Nation» von Paul Auster lässt sich schon beim Titel erahnen, was die Leser:innen erwartet. Auster schildert anhand seiner Kindheit, wie sich sein persönliches Verhältnis zu Schusswaffen entwickelt hat. Er habe nie selber eine besessen, sagt der erste Satz des Buches. Es zeigt uns aber auf, wie gewöhnlich Waffen für seine Generation (1947 wurde er in Newark geboren) waren und sind. Auster, den man eigentlich für seine zahlreichen Romane der letzten 40 Jahre kennt, rechnet hier mit der «Trigger-Happy-Nation» ab. Die Fotografien der Schauplätze zahlreicher Massaker liefert Fotograf Spencer Ostrander. Alle in Schwarzweiss und alle recht gespenstig.  

Erneuter Judenhass in Europa

Eine starke, aber auch erschütternde Gesellschaftskritik vom Altmeister. Auch seine eigene Familie und deren Verhältnis zu Waffen wird beschrieben. Nahezu Vierzigtausend (ja, hier extra ausgeschrieben) kommen jährlich in den USA durch Schussverletzungen ums Leben.

OMFG!  

Weiter mit der schlechten Laune. Gehen wir doch indirekt nach Deutschland und gleichauf nach Israel. Nach den Brandanschlägen auf Synagogen, Hetzjagden in Social Media, Schulen und Universitäten und den schrecklichen Attentaten am 7. Oktober in Israel gibt es wohl diverse Anlässe, ein paar Bücher zu schreiben. Nämlich, um sich gegen den Hass und den wieder aufflammenden Antisemitismus auszukotzen.

Wir haben uns für «Judenhass» von Michel Friedmann entschieden. Der stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland macht sich zurecht Platz für seine Gedanken in seinem kleinen, aber wichtigen Sachbuch. Auch Friedmann beginnt mit seiner Kindheit und Erzählungen von Eltern und Grosseltern. Für ihn mit dieser Historie und all den schlimmen Dingen umso unerklärlicher, warum und weshalb sich im deutschsprachigen Raum so etwas wieder entwickeln kann. Wir stimmen ihm zu. Es geht nämlich nicht nur um Judenhass. Es geht um Ausländer:innenfeindlichkeit und um Ausgrenzung im Allgemeinen. Ein lesenswertes Stück Zeitgeist, das es leider braucht.  

Noch mehr Rassismus? OMFG! Ja, leider!

Und weil wir ja schon bei schlechter Laune sind. Hanau! Ja, da war doch was. Da gab es nämlich auch einen Anschlag auf Unschuldige, wegen Hass. Ein Terroranschlag, sagte man genau vor vier Jahren. Jetzt hat der Bruder eines der Opfer, Çetin Gültekin, begonnen, über die Taten und seinen verstorbenen Bruder zu schreiben. Nach dem Attentat wurde er zu einem der bekannten Gesichter im Kampf gegen Rassismus und für Aufklärung im Namen seines getöteten Bruders, aber auch für die anderen Opfer und Hinterbliebenen. Mutlu Koçak, ebenfalls Betroffener, unterstützt ihn bei diesem Werk.

Auch hier lässt sich wieder nur sagen: Lest es! Wichtig und echt empfehlenswert. Wieder muss ich erwähnen, dass es tragisch ist, dass es solche Bücher überhaupt geben muss. Aber wichtig und richtig sind die Aufarbeitungen und die Lesungen, die die beiden durchführen. Allerdings ausschliesslich in Deutschland. Zur Lesetour.

Rapper mit Buch zur Familiengeschichte

Zum Schluss noch ein etwas, in diesem Kontext wohl so zu beschreibendes, entspannteres Werk. Kurt Tallert aka Retrogott legt sein Debüt mit «Spur und Abweg» hin. Eine persönliche Familiengeschichte, die sich hauptsächlich dem verstorbenen Vater widmet. Der - wie hätte man es im Zusammenhang dieses Artikels anders erwarten können - im zweiten Weltkrieg wegen seiner Herkunft verfolgt wurde. Tallert hatte ihm bereits mit «Andenken» und «Pappmensch» im Laufe seiner Rap-Karriere zwei Songs gewidmet, jetzt folgt das Buch. Darin beleuchtet er das Schicksal seines Vaters, der als jüdischstämmiger Mann die Shoa überlebte, und beleuchtet die Verfolgungsgeschichte seiner Familie. Spannend, da sein Vater ihn erst mit 58 bekommen hat. Der Autor ist also gerade 38. Gemeinsam mit den anderen Werken hier in diesem Reigen ebenfalls ein Herzensprojekt, das ihr lesen solltet.  

Bitte helft selbst gegen Rassismus, Juden- und Fremdenhass, die Welt zu einem anderen Ort zu machen. Und bleibt dem Lesen und immer neugierig und aufgeschlossen.  

Verlosung

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