Sorry, not sorry: Was wirklich hinter Firmen-Entschuldigungen steckt

Nicht nur du und ich müssen uns entschuldigen, wenn wir einen Fehler gemacht haben, sondern auch Firmen und die Personen, die hinter diesen Firmen stecken. Wir entschuldigen uns, weil uns etwas wirklich leid tut. Bei Firmen ist das eher eine strategische Massnahme, um Imageschäden kleinzuhalten. Wie viel bedeutet denn ein «Sorry» von den CEOs, die mit heruntergezogenen Mundwinkeln und Ringen unter den Augen vor der Kamera stehen?

Autor:in:
Lea Windisch
Hinweise:

Wenn der Mund schneller ist als das Gehirn

Wir alle kennen es: eine lockere Runde, ein paar Drinks, eine hitzige Diskussion und plötzlich sagt man etwas, das man sofort bereut. Ein unüberlegtes Statement, das nicht wirklich zu den eigenen Werten passt. Man merkt es, nimmt es zurück, entschuldigt sich und das war’s. Aber was passiert, wenn nicht du oder ich, sondern ein CEO eines multinationalen Unternehmens einen unüberlegten Satz raushaut?

2013 sorgte Guido Barilla, der CEO des gleichnamigen Pasta-Imperiums, mit einer homophoben Aussage für einen massiven Imageschaden. In einem Interview erklärte er unter anderem, dass in seiner Werbung niemals eine homosexuelle Familie zu sehen sein werde, weil Barilla für die «traditionelle Familie» stehe. Boykott-Aufrufe und Shitstorms in den sozialen Medien als Reaktion auf die Worte von Guido Barilla liessen nicht lange auf sich warten. Nach einem schriftlichen Statement musste er schnellstmöglich vor die Kamera treten und sich bei der Welt entschuldigen.

«Ich habe noch nie jemanden diskriminiert», sagt er, obwohl es genau deshalb diese Entschuldigung überhaupt braucht. Es war klar, dass dieses Video nicht reicht, um das Image von Barilla zu retten. Laut Bloomberg hat Barilla seit 2013 etwa 5 Millionen Euro investiert, um ihre Reputation zu verbessern. Sie haben sich mit LGBTQ+ Gruppen getroffen und intern ein «Global Diversity and Inclusion Bard» gegründet und die Stelle «Chief Diversity Officer» ins Leben gerufen. Andere Pasta-Hersteller haben den Skandal genutzt, um mit ihren eigenen Werbekampagnen die Kund:innen von Barilla abzuluchsen. So zum Beispiel Garofalo:

«Uns ist es egal, mit wem du es machst, das Wichtigste ist, dass du es al dente machst!»

Trotz Skandal: Laut des Bloomberg-Reports stiegen die Verkaufszahlen sogar leicht an. Heute erinnert sich kaum noch jemand an die Aussage des Barilla-CEOs. Sie war nur ein Werkzeug. Vielleicht, um sich ein Stück weit als Marke vom CEO zu distanzieren, oder auch, um ein neues Zeitalter in den Strukturen der Firma einzuläuten. Die Pasta-Marke hat aus einem Shitstorm einen kleinen Schritt in die Zukunft gemacht. Sie hat auf die Worte Taten folgen lassen. Ob diese Taten authentisch und ausreichend sind, sei dahingestellt.

Wenn ein Name zur Marke wird

Manche Skandale treffen das Unternehmen, andere treffen direkt die Personen dahinter – und das ist besonders brisant, wenn Firmenname und Familienname identisch sind.

Auch Guido Barilla trägt den Namen seines Unternehmens, doch der Konzern konnte sich durch seine Kommunikation und eine internationale Struktur von seiner Person distanzieren. Schwieriger wird es, wenn eine Marke stark mit einer einzigen Familie verbunden ist – wie beim Schokoladenhersteller Läderach.

2022 trafen Missbrauchsvorwürfe gegen Verwaltungsratspräsident Jürg Läderach den Schokoladenhersteller mit demselben Namen. Die Enthüllungen führten dazu, dass grosse Partner:innen wie die Swiss und das Zurich Film Festival ihre Zusammenarbeit beendeten. Auch viele Kund:innen kaufen seither ihre Schokolade an einem anderen Ort.

Jürg Läderach streitet laut SRF die Vorwürfe ab, nun müssen andere die Sache geradebiegen: Der Pressesprecher muss für ihn hinstehen und der CEO und Sohn Johannes Läderach distanziert sich von seinem Vater. Der Name «Läderach» wird aber noch lange mit den Missbrauchsfällen in Verbindung gebracht werden. Die neue Generation Läderach muss durch die öffentliche Präsenz das Vertrauen in die Firma wieder aufbauen.

Wenn ein schlechtes Image Teil des Geschäfts ist

Manche Unternehmen müssen sich für einzelne Skandale entschuldigen, andere müssten sich für ihr gesamtes Geschäftsmodell rechtfertigen. Der Rohstoffkonzern «Glencore» ist bekannt für Korruption, Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen. 2022 musste das Unternehmen wegen systematischer Bestechung in mehreren Ländern 1,5 Milliarden Dollar Strafe zahlen. Die Nachfrage nach den Rohstoffen bleibt gleich, eine Entschuldigung ist wirtschaftlich gesehen nicht nötig.

Hier wird einfach gewartet, bis die Skandale in Vergessenheit geraten. Keine emotionalen Videos, keine Image-Kampagnen, keine Umstrukturierung in der Chef:innen-Etage. Die weisse Weste hat so viele Flecken, dass es sich nicht lohnt, sie zu waschen. Warum sich entschuldigen, wenn das Geschäft weiterläuft?

Während Barilla oder Läderach um ihren Ruf kämpfen müssen, setzt Glencore darauf, dass schlechte Presse nicht das Geschäft ruiniert, sondern nur kurz stört. Unternehmensentschuldigungen sind also selten echte Reue. Sie sind ein Werkzeug, das je nach Firma und Krise strategisch eingesetzt wird. Die eigentliche Frage bleibt: Wann wird aus Worten tatsächlich Verantwortung?

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