Unsere Autor:innen sind zwar beide sowohl im Kino als auch vor der eigenen Flimmerkiste anzutreffen, haben aber unterschiedliche Vorstellungen von einem idealen Filmabend. Während es Julia Zuhause am schönsten findet, konsumiert Noah die Kunst lieber nicht auf dem gleichen Bildschirm, auf dem er auch seine Steuererklärung macht.
Streaming ist super. Während ich diese Zeilen tippe, läuft im Hintergrund eine Folge «Suits» vor sich hin. Diese Serie hat für mich etwa die gleiche Wirkung wie eine White-Noise-Regenplaylist. Nur mit schlechterem Plot. Ja, Streaming ist bequem, es erspart uns den Horror, das Sofa verlassen zu müssen. Endlose Stunden an Content sind nur einen Klick entfernt. Alles, was mein Herz begehrt, gibt es auf Netflix, Disney+, Sky oder wie sie alle heissen – nur Quibi hat es leider nie zu uns geschafft. Aber diese Plattformen vergiften unseren Medienkonsum, überfordern unsere beeindruckbaren Köpfe. Der nie endende Strom von Content konditioniert uns dazu, immer weiterzuschauen. Es geht hier nicht um Kunst, es geht um Watch-Time. Dabei hätte es so gut sein können.
Mit «Beasts of No Nation», dem ersten Netflix-Original überhaupt, veröffentlichte die Plattform 2014 aus dem Stand ein Meisterwerk, das sonst wohl nach ein paar Wochen im lokalen Arthouse-Kino verschwunden wäre. Heute muss sich der Film den Platz teilen mit sieben Staffeln «Love is Blind». Streamingplattformen können zwar alternativen, experimentellen Projekten eine grössere Bühne bieten, als sie im normalen Kino je gehabt hätten. Nur müssen sie sich auf den digitalen Regalen gegen haufenweise Ramsch durchsetzen. Und selbst wenn ich dann etwas mit echter Substanz finde, gibt es noch ein anderes Problem: Ist es wirklich fair, Kunst auf dem Bildschirm zu konsumieren, auf dem ich auch meine Steuern mache?
Lange Rede, kurzer Sinn: Kunst braucht ihren Platz, Filme brauchen das Kino. Im Kino ist alles gross, du spürst jedes Geräusch. Die Bilder nehmen dein ganzes Blickfeld ein, fordern deine volle Aufmerksamkeit. Kein Alltag, keine Ablenkungen, hier nimmst du jede Faser eines Filmes wahr.
Ganz ehrlich, Nicole Kidman said it best: «We come to this place… for magic.»
Im Kino erfährt man so einiges übereinander. Wie findest du es zum Beispiel, wenn ich meine Beine über die Lehne des gegenüberstehenden Sessels strecke? Heimlich mein Popcorn und die Cola aus dem Coop hineinschmuggle und trotzdem deine Fünf-Franken-Chips aus dem Kinokiosk wegschnabuliere? Stehst du auf einen Kuss, oder zwei? Auch in der vordersten Reihe? Ein unterdrücktes Lachen. Ein geflüsterter Kommentar. Die alte Frau in der hintersten Reihe grunzt genervt. Der Film ist irgendwie voll scheisse und ich sitze fest. Stehst du auf, gehst du raus oder wie bist du drauf? «Komm, er ist doch gleich vorbei. Wir haben schliesslich für den ganzen Film bezahlt», raunst du mir zu. Bis zum Abspann scheint die Zeit stillzustehen. So eine:r bist du also.
Nach dem Film – das Warten. Ein Moment der Stille, des Glücks, oder einfach nur Schock. In diesem Zustand aufs Velo und ab nach Hause. Es ist schon spät. Zu Hause angekommen, fallen wir erstmal aufs Sofa. Möchtest du ein Glas Wein? Es hat noch Chips im Schrank. Du stehst auf, gehst raus auf den Balkon eine rauchen. «Komm, wir schauen noch eine Folge der Serie, die mit der Agentur in Paris. Staffel 3, Folge 4, wenn ich mich richtig erinnere. Oder doch noch einen Film? Eine Komödie vielleicht oder einen Woody Allen.» Ich weiss doch auch nicht. Die Auswahl ist riesig, bitte wähl du was aus.
Ich strecke meine Beine über den Couchtisch aus und betrachte meine Zehenspitzen. Wir haben uns für eine kurze Dokumentation über Walrosse in Alaska entschieden. Perfekt vor dem Einschlafen und nur 20 Minuten kurz. Die Filmmusik dudelt gedämpft über die kleinen Laptoplautsprecher. Einen TV habe ich nämlich nicht. Der Wein ist schon leer, doch im Kühlschrank hat es noch eine Flasche. Niemand nervt sich über die Chips-Krümel auf dem Boden. Auf jeden Fall heute nicht mehr. Ich lege meinen Arm um dich und denke mir: «Zuhause ist es echt schöner.»
Die Plattform cinu.ch kombiniert Kino und Streaming
Auf cinu.ch kommen sowohl die begeisterten Kinogänger:innen als auch die Drinnies auf ihre Kosten. Du findest auf der Plattform das aktuelle Kinoprogramm der Kinos Bourbaki in Luzern sowie Riffraff und Houdini in Zürich und kannst dir mit wenigen Klicks deine Tickets reservieren.
Wer wiederum einen Film im Kino verpasst hat, ihn nochmal sehen will oder halt einfach auf dem Sofa bleiben will, findet neuerdings ausserdem ein Angebot an Streamingtiteln. Zum Beispiel das Drama «Sterben» oder die Nachkriegs-Komödie «C'è ancora domani».
Das Streaming funktioniert ohne Abo, du zahlst also pro Film einen Beitrag – in der Regel sechs Franken – und kannst danach direkt auf «Play» drücken. Und wer eh bereits eine Kinokarte besitzt, erhält damit auch fürs Streaming eine Vergünstigung.