Geht legales Sprayen überhaupt? Ja, denn in den meisten grösseren Städten existieren Flächen, auf welchen man legal Graffiti anbringen kann. Aber auch ausserhalb dieser fixen Flächen gibt es Orte, wo Graffiti gefühlt weniger illegal ist als anderswo. «Graffiti Nici» bezeichnet sich selbst als Artist und erzählt mir, dass er seine Leidenschaft lieber auf legalem Weg auslebt.
Neben den Bildern im Stadtbild existieren schon seit einiger Zeit Kunstschaffende, die mit ihrer Kunst hervorstechen und international bekannt werden. Der berühmteste darunter ist wohl Banksy, aber auch Künstler:innen wie Basquiat oder Lady Pink starteten ihre Karriere in der Graffiti-Szene. Sie alle haben gemeinsam, dass sie mindestens zu Beginn ihre Identität geheimhielten. Bekannterweise behält Banksy das bis heute bei. Für Kunstschaffende ist der Start in der Anonymität eine natürliche Nebenerscheinung der Kunstart.
So geht es auch meinem zweiten Gesprächspartner. Er bezeichnet sich selbst als Sprayer und ist anderer Meinung als Graffiti Nici, weshalb er auch lieber anonym bleiben will. Er findet legale Flächen super und mag die Interaktion mit anderen Writern und den Passanten und geniesst es, Zeit für ein «perfektes» Bild zu haben. Dennoch sieht er legale Wände eher als Ort zum Üben und erzählt, dass viele aus der Szene diese Flächen als «Dosenverschwendung» ansehen.
Für ihn ist das illegale ‹Malen›, wie er selbst nennt, die wahre Kunst: «… das illegale Graffitimalen ist sehr adrenalingeladen, wenig Zeit, nicht erwischt werden und trotzdem ein stilvolles Bild zu malen ist beeindruckend.»
Was aber ist der Reiz an Graffitis? Wieso fängt man überhaupt damit an? Nach meinen Gesprächen kommt es mir vor, als hätte sprayen beinahe etwas therapeutisches. Beide Artists haben das Gefühl, dass sie sich in ihrer Kunst am besten ausdrücken und aus dem Alltag ausbrechen können.
Für Nici hat Graffiti viel mit der Findung einer eigenen Identität zu tun.
Da bleibt eigentlich nur noch die Frage, wieso man diese Kunst nicht einfach auf Papier bringen oder digital erstellen kann. Abgesehen von politischen Motiven existieren ja auch Künstler:innen, wie die zwei Artists in diesem Artikel, die für sich selber und aus künstlerischen Ansprüchen sprayen. In beiden Gesprächen ist die Antwort ziemlich klar: Es ist eben «Streetart.»
Zum Schluss hat Nici noch einen Wunsch.
Beide Artists sind übrigens auch neben dem Graffitimalen kreativ tätig und leben ihre Leidenschaft beruflich und privat weiter. Graffiti_Nici verkauft sogar einige seiner Werke online und bietet seine Dienste für die Gestaltung von Büros und Open-Spaces an.