Hader On Ice – ein Abend voller Irrwitz und Tiefgang

Am 16. Januar 2025 erlebte das Publikum im Nationaltheater Bern einen einzigartigen Kabarett-Abend mit Josef Hader. Der österreichische Kabarettist präsentierte sein neues Programm «Hader On Ice». Der Abend war ein Streifzug durch Haders scharfzüngigen Humor, seine persönlichen Anekdoten und eine feine Mischung aus Gesellschaftskritik und schwarzem Humor. Und: Der Lacher war oft nur einen Augenblick entfernt von tiefgründigen, manchmal sogar irritierenden Beobachtungen.

Autor:in:
Daniel Klein
Titelbild:
Daniel Klein
Hinweise:

Der Beginn: Vom Umzug ins Weinviertel und dem «neuen Wien»

Der Abend begann mit einer persönlichen Anekdote, die einen ersten Eindruck von Haders Weltsicht vermittelte. In einem ruhigen, fast schon philosophischen Ton berichtete er von seinem Umzug ins Weinviertel, einem Ort, an dem er als Alkoholkranker unter den vielen «Säufern» dort kaum auffällt – eine Reflexion über das Leben auf dem Land und die fliessenden Übergänge zwischen Normalität und Exzess. Und was soll man denn als Kabarettist sonst dort auch tun? In Wien hingegen fühlte er sich fremd, nicht mehr zu Hause. «Früher war der Ober im Kaffeehaus vom Hauptberuf: Arschloch!» schmunzelte Hader, während er von der Veränderung des Wiener Lebensstils erzählte, dem er nach eigener Aussage entflohen war. Wien, so der Kabarettist, sei nicht mehr «sein» Wien – zu viel Veränderung, zu wenig Charme. Ein bravouröser Auftakt, bei dem Hader das Publikum mit seiner Selbstironie und scharfzüngigen Kritik gleich in den Bann zog.

Die kleine Anekdote mit dem Hustensaft: «Man muss nicht alles verstehen …»

Gerade als die Zuschauer sich in die Show einzugewöhnen begannen, passierte etwas, das für viele im Publikum nicht sofort nachvollziehbar war: Hader, der zu diesem Zeitpunkt bereits eine halbe Stunde auf der Bühne war, griff plötzlich zu einer Flasche Hustensaft, den er in seinen Drink goss: «so wie die jungen Rapper». Die Szene war für mich als Zuschauer besonders amüsant, da ich selbst vor der Show einen ähnlichen «Trick» ausprobiert hatte – Hustensaft im Kaffee (ich hatte sonst nichts anderes da, um das runterzuspülen), eine eher merkwürdige Eigenheit. Als Hader dann exakt dasselbe tat, brach ich in schallendes Lachen aus. Viele der anderen Zuschauer, die diese Parallele nicht kannten, schauten mich verwundert an. Das war typisch für Hader: Er schafft es, mit seinen Eigenheiten und seinem Humor die Zuschauer zu überraschen und sie in unerwartete Situationen zu versetzen.

Der erste Teil: Humor mit einer dunklen Spitze

Im ersten Teil des Programms präsentierte Hader einen seiner schärfsten und zugleich gefährlichsten Witze – ein schwarzhumoriger Gag, der fast an die Grenze des Rassismus kippte. Die Zote war so extrem, dass ich mich echt zusammenreissen musste, um nicht wirklich darüber zu lachen. Und doch, der Humor wirkte, selbst der schwarze Mann im Publikum, der schräg gegenüber sass, musste schmunzeln. Dennoch, für mich war dies der einzige kritische Moment des Abends: Der Humor war grenzwertig, und die Grenze zwischen schwarzem Humor und rassistischem Klischee war haarscharf – etwas, das Hader sicher bewusst war. Es bleibt fraglich, ob solch ein Witz noch in die heutige Zeit passt.

Dafür sorgte ein anderer Witz im gleichen Kontext für das grösste Gelächter des Abends: «Der Zweite Weltkrieg hat zumindest den Schweizern genützt, dem Hitler ja eher weniger.» Ein böser Seitenhieb auf die Neutralität der Schweiz und eine beissende Kritik an den historischen Realitäten – und trotzdem ein Humor, der die Halle zum Lachen brachte, auch weil Hader die Zuspitzung in so trockener Manier rüberbrachte.

Die zweite Hälfte: Der «angetrunkene» Hader und der Wolf

Die zweite Hälfte des Abends setzte die Stimmung aus dem ersten Teil fort. Hader, der sich in der ersten Hälfte zunehmend wie ein leicht angetrunkener Erzähler präsentierte, spielte in der zweiten Hälfte gekonnt mit dieser Wahrnehmung. Er tat so, als ob er sich in seinen Erzählungen verhaderte, liess aber niemanden im Unklaren über die Präzision seiner Beobachtungen. Ein Highlight war Haders Erzählung von seinen erfolglosen Liebschaften mit jungen Frauen, in denen er humorvoll von gescheiterten Versuchen berichtete, romantische Nähe zu finden – immer aus der Perspektive des Mannes, der sich seiner Unzulänglichkeit bewusst ist, aber dennoch weiter versucht.

Dann führte Hader ein neues «Wesen» ein: seinen Freund, den Wolf. Der Wolf, so erklärte er, könne sprechen und passe perfekt zur Fasnacht, da er dort niemandem auffalle – ein wenig wie in Luzern, dachte man sich kurz. Zu dieser Jahreszeit traf Hader nämlich den Wolf. Der Wolf war ein brillant eingeführter Running Gag, der zu Haders Mix aus absurden Erfindungen und Selbstreflexion perfekt passte. Auch wenn der „Wolf“ vielleicht nicht jeder im Saal als Witz begreifen konnte, war es ein weiteres Beispiel für Haders Talent, aus jeder Situation ein neues Element zu schaffen, das zum Gesamtbild des Abends passte.

Fazit: Hader über den Regenbogen

Der Kabarett-Abend mit Josef Hader war ein brillantes Zusammenspiel aus scharfzüngigem Humor, tiefgründigen Reflexionen und gesellschaftlicher Satire. Trotz der einen oder anderen kritischen Stelle, bei der der Humor an die Grenze der Tolerierbarkeit stiess, war «Hader On Ice» ein glanzvoller Abend. Hader versteht es, sein Publikum sowohl zum Lachen zu bringen als auch zum Nachdenken anzuregen, und er hat wieder einmal gezeigt, warum er einer der schärfsten Kabarettisten im deutschsprachigen Raum bleibt.

Für mich war dieser Abend ein faszinierender Blick auf die Veränderungen in Haders Humor und seine Fähigkeit, das Publikum immer wieder aufs Glatteis zu führen – mal mit einem sarkastischen Lachen, mal mit einer dunklen Spitze, aber immer mit einer Präzision, die beeindruckt. Ein spezielles Dankeschön geht an Reto Bühler, der schon länger seine Schweiz-Touren organisiert und ein toller Gastgeber war. Josef Hader wird wohl auch im Herbst wieder zu sehen sein.

Habe die Ehre!

Verlosung

Infobox