Das letzte Mal, als ich an der Hochschule für Musik in Luzern war, habe ich für ein Catering gearbeitet. Da klimperte eher Geschirr in den Räumlichkeiten, als dass angenehme Klänge aus Klangturm und Konzertsaal schallten. Am Eröffnungsabend der bereits vierten Ausgabe des Echolot Festivals in Luzern sitze ich im Konzertsaal Salquin auf gepolstertem Sessel, gespannt wartend auf den Auftritt der Musikerin Belia Winnewisser, der Videokünstlerin Subrihanna und des Saxophonisten Carlo Brühlhart, die jene bevorstehende Show extra für den gemeinsamen Auftritt konzipiert haben.
Aufwachen
Von Beginn an fühlt sich das Konzert für mich wie ein angenehmes Aufwachen an. Ich werde von Klängen und Bildern an die Hand genommen, um für eine Stunde in eine Welt einzutauchen, die sich wie ein Ort in einem anderen Kosmos anfühlt. Nicht nur, dass ich zum ersten Mal in diesem raumschiffähnlichen Konzertsaal sitze, sondern auch, dass ich Belias Musik schon eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr gehört habe, trägt zu einem emotions- und gänsehautgeladenen Erlebnis bei.
Von der einen Traumwelt in die andere
Die elektronischen Klänge, kombiniert mit den Tönen des Saxophons und den Visuals, katapultieren mich gefühlt von einer Traumwelt zur anderen. Ein schieres 4D-Erlebnis eröffnet sich mir. So werde ich von den Künstler:innen auf allen Sinnesebenen in die Performance hineingesogen. Während sich meine Augen auf die bewegten Bilder von Subrihanna fokussieren, wird meine Aufmerksamkeit immer wieder durch den Gesang und die Saxoponklänge zurück auf die Bühne gelenkt.
Von meinem Polstersessel aus beobachte ich fasziniert das Handwerk der Künstler:innen. Die präzisen, schnellen Bewegungen jedes einzelnen Fingers holen mich von der Traumwelt wieder zurück in die Realität. Und so schwebte ich während einer Stunde stets hin und her im Wechselspiel zwischen Traum und Realität.
Einblick in die Tiefe einer Emotionswelt
Nicht nur schwebe ich während des Konzerts zwischen Traum und Realität – ich habe auch das Gefühl, in die Tiefen einer Emotionswelt einzutauchen. Die Melodien und Bilder scheinen mir Einblick in die Gefühle der Macher:innen zu gewähren und lassen auch mich in meinen eigenen Tiefen versinken.
Sitzend mitreissen
Obwohl meine gesamte Aufmerksamkeit auf Bühne und Leinwand gelenkt ist, schweift mein Blick immer mal wieder auf die Zuschauer:innen in den vorderen Sitzreihen. Es gibt Momente, in denen wohl nicht nur ich aufspringen möchte, um zu tanzen. Ich beobachte, sich zu den Melodien und Beats bewegende, Oberkörper. Ich frage mich, wie sich wohl die Menschen in diesem Raum während des Konzerts verhalten würden, wäre nicht Sitzen die Vorgabe.
Gut reizgesättigt
Das 100-prozentige Involviert-sein während einer Stunde lässt mich und meine Begleitperson reizgesättigt noch die Energie des leeren Saals Salquins spürend in den Sesseln sitzen. Ich bin mir sicher, für Hedy Salquin – Dirigentin, Pianistin, Komponistin und die Namensgeberin dieses aussergwöhnlichen Saals – wäre es eine wahre Freude gewesen, die drei Musiker:innen gemeinsam auf der Bühne zu sehen.