«Ich will Songs machen, die für mich Hits sind»

Die Luzerner Band Klepka rund um Musikerin Jasmin Lötscher hat uns neue Musik beschert. Es ist eine EP voller emotionaler Höhen und Tiefen. Grund genug für frachtwerk, sich mit der Musikenthusiastin zum Kaffee zu treffen und sich auf eine Reise durch den neuen Sound zu begeben.

Autor:in:
Julia Süess

Die Luzerner Band Klepka releast ihre zweite EP «LostCompany». Angelehnt im Art-Rock und experimentellen Pop, verbindet die Band unkonventionelle Sounds mit sehr direktem und intimem Songwriting. Die Band rund um Sängerin und Gitarristin Jasmin Lötscher macht vielschichtige Musik, die einen durch verschiedene Gefühlswelten und Klangsphären reisst. Mal düster, mal warm. Mal verträumt, drängend, fragend und laut. 

Wir treffen Bandleaderin Jasmin Lötscher zum Interview in der Alfred Kaffeebar in Luzern. Jasmins Ausstrahlung macht der Sonne, die sich durch die Wolken schlängelt, definitiv Konkurrenz. Man merkt, dass die Band ihr Herzensprojekt ist, wenn wir darüber zu sprechen beginnen. Sie tritt auch solo unter dem Namen Klepka auf und performt ihre Lieder mit Gitarre, Gesang, Posaune und Loop-Station. Ihre Leidenschaft zur Musik ist omnipräsent, doch auch der durch unser Gespräch begleitenden Herbstsonne geben wir eine Chance.

  

frachtwerk: Klepka. Wer seid ihr?

Jasmin: Wir sind Klara Germanier an der Gitarre, Dominik Zihlmann an den Keys, Janic Haller am Schlagzeug und ich, Jasmin Lötscher, an der Gitarre – zudem singen wir alle. Die Ideen zu den Kompositionen stammen von mir. Die Songs erarbeiten wir dann gemeinsam.

frachtwerk: Was steckt hinter dem Bandnamen Klepka?

Jasmin: Das Wort hat verschiedene Bedeutungen. Auf Polnisch steht das Wort beispielsweise für eine Diele im Parkettboden. Meister Klepka ist die Bezeichnung für einen handwerklich begabten Menschen, gleichzeitig bedeutet es «Pfuscher» oder «Stümper». Für mich hat das Wort auch eine onomatopoetische Bedeutung. Klepka klingt für mich nämlich wie ein Schlagzeug: «Klep-Ka». Das hat uns sehr gefallen.

 «Der Buchstabe K begleitet mich schon lange. Vielleicht noch aus Zeiten vom iPod. Beim Scrollen bin ich oft beim Buchstaben K stehen geblieben.»

frachtwerk: Würdet ihr euch als Handwerker:innen bezeichnen?

Jasmin: Auf jeden Fall. Das Handwerk hat für uns einen grossen Stellenwert. Wir sind Tüftler:innen. Als Instrumentalist:innen und Sänger:innen verbringen wir viel Zeit unseres Lebens mit dem Üben und Entdecken von neuen Sounds. Das ist eine Art Handwerk.

frachtwerk: Erzähl mir was über den ersten Song auf der neuen EP «No Signal – Antenna». 

Jasmin: «No Signal» ist ein schwerer Song. Das Leben meines Vaters, der lange obdachlos war und Schwierigkeiten hatte, sich wieder in die Gesellschaft einzugliedern, hat den Song inspiriert. Mich beschäftigt die Frage, wie viel von seinem Leben in mir weiterlebt. Er war ein Freigeist, und ich spüre das auch in mir drin.  

frachtwerk: Eure erste EP «Somber Prayer» kommt leichter und poppiger daher. Der neue Release ist düsterer.

Jasmin: Ich glaube, das liegt daran, dass die neue EP in einem düsteren Lebensabschnitt komponiert und arrangiert worden ist. Die Musik lebt von dieser Dunkelheit und die Themen sind schwerer.

frachtwerk: Eure Musik ist auch lauter und experimenteller geworden.

Jasmin: Wir haben alle gerne Noise, experimentieren gerne mit Klängen und versuchen, auf unserem Instrument alternative Wege zu gehen.

Jasmin Lötscher ist Klepka. (Bild: Tobias Jud und Zita Fahrlaender)

 

frachtwerk: Hat euer Wechsel in der Bandbesetzung den Sound beeinflusst? 

Jasmin: Nein. Die EP «Lost Company» ist vor zwei Jahren mit unserem ehemaligen Keyboarder Can Etterlin arrangiert und aufgenommen worden. Can hat die Songs gemischt und produziert und somit auch den Sound geprägt. Domi ist vor eineinhalb Jahren unserer Band beigetreten. Seitdem experimentieren wir zusammen an neuer Musik. Live hat es jetzt also definitiv mehr Domi-Charakter.

frachtwerk: Wollt ihr die Songästhetik dieser EP weiterverfolgen?

Jasmin: Wir wollen uns in neue Richtungen entwickeln und nicht auf spezifische Stile festfahren. Sprich: Themen und Klänge angehen, die uns aktuell interessieren. Aber ich finde es herausfordernd, «happy Songs» zu schreiben. But we try. Es geht weiter.

«Ich habe das Bedürfnis nach leichterer Kost, leichteren Themen, ‹a brighter side of life›.»

frachtwerk: Was hat den Song «Mellow Chamomile» inspiriert?

Jasmin: Ich bin ein grosser Kräuterfan. Gewisse einheimische Kräuter begleiten mich seit meiner Kindheit und waren für mich wichtige Wegbegleiter im Umgang mit dem Tod. Der Song dreht sich um meine Wertschätzung für die Kraft der Natur, von der wir schöpfen können, und die uns bei Verarbeitungsprozessen helfen kann. Leider haben wir Menschen diese Verbindung zum Teil vergessen oder verloren. Ich selbst musste wieder lernen, die Natur mehr wertzuschätzen und achtsamer zu beachten, was um mich herum da ist. Der Song ist eine Art Appell an die Gesellschaft, wieder mehr im Einklang mit der Natur zu leben. 

frachtwerk: Eure Songs haben oft vertrackte Songformen und Wechsel in Klang und Stimmung. Wie arbeitet ihr als Band mit deinen Kompositionen?

Jasmin: Ich bringe das Songskelett, heisst: die melodischen Ideen, Harmonie und Form. Der Rest wird dann mit der Band zusammen erarbeitet. 

frachtwerk: Ist es euer Anspruch, Hits zu schreiben? 

Jasmin: Ich muss mich mit der Musik identifizieren und auch Jahre später noch dahinterstehen können. Es muss für mich ein Hit sein. Wir können uns Zeit nehmen, weil wir unabhängig sind. Wir setzen uns selbst unsere Deadlines und haben alles in Eigenregie geplant. Es gibt also kein Label, das uns unterstützt. Es ist uns wichtig, die Arbeit, die ein Label abdecken kann, selbst zu erfahren. So können wir die Funktion eines Labels besser verstehen und respektieren. Wir haben dabei sehr viel gelernt. 

«Das Wichtigste für uns alle ist, dass wir gesund bleiben und Freude haben.»

frachtwerk: Was waren deine Gedanken beim Schreiben des Titeltracks der EP «Lost Company»?

Jasmin: «Lost Company» ist der Titeltrack der EP und thematisiert eine verlorene Gesellschaft. Der Song dreht sich um einen Kleesamen, der in einen düsteren Wald gewindet wurde und dort angefangen hat zu spriessen. Er wird von Pflanzen zerdrückt und sucht nach seiner Familie. Der Kleesamen gehört nicht in den Wald, sondern will hinaus auf eine Wiese, wo er in der Sonne blühen kann. In seiner Einsamkeit merkt er aber, dass der Mond in der Nacht immer für ihn scheint und ihn begleitet. Auch hier sind wieder die Selbstfindung und die Kraft der Natur Thema.

frachtwerk: Was sind eure musikalischen Inspirationen?

Jasmin: Der englische Singer-Songwriter Archie Mashall, u. a. bekannt als King Krule, ist eine grosse Inspiration für den Klepka-Sound. Die Art, wie er seine Gitarre und seine Stimme einsetzt, ist für mich einzigartig. Viele Leute sagen ausserdem, wir klingen ein bisschen wie die australische Band Hiatus Kaiyote. Der englische Musiker Nick Drake, der in den 60er- und 70er-Jahren wunderschöne Lieder geschrieben hat, ist für mich ein weiteres grosses Vorbild, was das Songwriting anbelangt. Ausserdem feiern wir momentan alle die amerikanische Band Model/Actriz. 

frachtwerk: Was sind eure Pläne nach dem Release?

Jasmin: Wir arbeiten gerade an neuen Songs und der Weiterentwicklung des Bandsounds. Im Frühling dürfen wir mit dem Schweizer Rock-Pop-Duo Ikan Hyu auf Tour. Die beiden sind gute Kolleginnen von uns und super inspirierende Menschen! Wir freuen uns sehr darauf.

frachtwerk: Last but not least: «Sanpaku»,der letzte Song auf der EP. Was bedeutet der Titel?

Jasmin: Sanpaku ist ein japanischer Aberglaube, bekannt als «dreifach weisses Auge». Die Sichtbarkeit von weisser Bindehaut an drei Seiten der Iris soll Rückschlüsse auf die Konstitution, Gesundheit und Zukunftschancen eines Menschen geben. Es gibt ein paar verstorbene Promis, die das hatten. Zum Beispiel John F. Kennedy, Diana und Michael Jackson. Ich fand es ein spannendes Thema. Eines Tages lernte ich eine Person kennen, die das hatte. Als ich ihr von der Geschichte erzählte, fand sie es voll schlimm. Ich sagte ihr natürlich, es sei nur ein Aberglaube. In dem Song geht es um die Begegnung mit diesem Menschen. 

frachtwerk: Ihr habt noch kein Release-Konzert geplant. Wo kann man euch in nächster Zeit live erleben? 

Jasmin: Im Januar spielen wir ein Konzert in der Waxy Bar in Zürich und im Frühling touren wir dann mit Ikan Hyu. Die Release-Show folgt. Dafür kann man sich ab jetzt unsere neue EP «Lost Company» auf allen Plattformen anhören! 

Verlosung

Infobox

«Lost Company» von Klepka ist am 22. November imEigenvertrieb erschienen.