Renovieren Dauerleihgaben Museen oder stärken sie nur den Kunstmarkt?

Dauerleihgaben in Museen wirken auf den ersten Blick wie eine Win-Win-Situation: Private Sammler:innen oder Institutionen stellen ihre Werke der Öffentlichkeit zur Verfügung, Museen erweitern ihre Sammlung, ohne teure Ankaufskosten stemmen zu müssen, und das Publikum hat Zugang zu Kunstwerken, die zuvor hinter verschlossenen Türen verborgen blieben. Doch wie bei allen Themen, bei welchen viel Geld im Spiel ist, ist die Sache nicht so interessenfrei und konfliktlos, wie sie zuerst scheint.

Autor:in:
Corina Nufer
Titelbild:
E. Mathias

Dauerleihgaben – Kunst oder Kapitalanlage?

Der Kunstmarkt ist heute stärker denn je durch finanzielle Interessen geprägt. Er hat sich in den letzten Jahrzehnten zunehmend von ästhetischen Werten hin zu rein finanziellen Interessen entwickelt. Kunstwerke werden nicht nur wegen ihrer ästhetischen oder historischen Bedeutung gesammelt, sondern auch als Kapitalanlagen. Leihgaben an Museen sind dabei ein cleverer Schachzug: Die Kunstwerke werden in renommierten Institutionen ausgestellt, was ihren Marktwert erheblich steigern kann, ohne dass sie versteuert oder verkauft werden müssen. In der Schweiz etwa profitieren Sammler:innen von erheblichen Steuererleichterungen, solange ihre Kunstwerke öffentlich ausgestellt werden. So wird die Frage aufgeworfen, ob es bei der Dauerleihgabe tatsächlich nur um kulturelles Engagement geht – oder ob hier nicht auch massive finanzielle Interessen der Sammler:innen im Spiel sind.

Das Kunsthaus Zürich, keine rein öffentliche Institution, sondern eine private Stiftung, ist ein oft diskutiertes und ambivalentes Beispiel für die Chancen und Herausforderungen von Dauerleihgaben: Nur rund 20 % der Kunstwerke im Kunsthaus Zürich wurden vom Museum selbst erworben – der Grossteil stammt aus Leihgaben oder Schenkungen. Das Kunsthaus stellt solche Werke auf unterschiedliche Weise aus. Einige Leihgeber:innen bestehen darauf, dass ihre Sammlung geschlossen präsentiert wird, wie es beispielsweise bei der umstrittenen Bührle-Sammlung der Fall ist. Der Sammler Hubert Looser hingegen, erlaubt eine flexiblere Handhabung, bei welcher einzelne Werke in wechselnde Ausstellungen integriert werden. Diese Praxis bringt zwar Abwechslung ins Museum, doch der Eindruck kann entstehen, dass die Präsentation der Werke oft weniger durch die kuratorischen Interessen des Museums bestimmt wird, als vielmehr von den Wünschen der Leihgeber:innen. Wie unabhängig ist das Museum also wirklich, wenn es von externen Akteur:innen abhängig ist, die Einfluss auf das Programm nehmen können und möglicherweise auch ihre eigenen Interessen verfolgen?

 

Zwischen Kultur und Kommerz – wie weiter?

Die Abhängigkeit von Dauerleihgaben, Spenden und externen Mitteln kann Museen wie das Kunsthaus Zürich in eine schwierige Lage bringen. Einerseits ermöglichen diese Ressourcen den Zugang zu bedeutenden Kunstwerken, die sich das Museum andernfalls nicht hätte leisten können und die somit dem Publikum verborgen geblieben wären. Andererseits besteht die Gefahr, dass Museen ihre kuratorische Freiheit teilweise an private Geldgeber:innen oder Leihgeber:innen abtreten müssen. Damit wird das Risiko real, dass Kunstwerke nicht primär aufgrund ihrer kulturellen oder künstlerischen Bedeutung gezeigt werden, sondern weil finanzielle Interessen oder Absprachen eine Rolle spielen. Diese Entwicklung führt unweigerlich zur Frage: Welche Aufgabe haben Kunstmuseen heute? Sind sie noch Orte, die sich der Bildung und der Inklusion verschreiben, oder sind sie zu Schaufenstern des Kunstmarktes geworden, in denen der Wert von Kunst als Kapital im Vordergrund steht? Dauerleihgaben mögen die Sammlungen erneuern und erweitern – doch sollten wir nicht übersehen, dass sie gleichzeitig die integrale Rolle des Museums als unabhängige kulturelle Institution gefährden können.

 

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