Red Flag! So der erste Gedanke beim Betrachten des puristischen Bühnenbildes, in dessen grünem Boden eine rote Golfflagge wie eine Brandmarke steckt. Man braucht weder das Stück gelesen noch Farbsymbolik studiert haben, um sich als Publikum sofort in die Rolle der alarmierten Besserwisser:innen und der machtlosen Zeug:innen einfühlen zu können. Obwohl man so nah am Brandherd sitzt, muss man hilflos mitansehen, wie die unheilvolle Beziehung zwischen dem reichen Paar Biedermann und den Fremdlingen Schmitz und Eisenring immer mehr zu glimmen beginnt. Gleichwohl darf man geniessen, mit welcher Freude, Lust und Präsenz die Schauspieler:innen als gekonntes Quartett ihre Figuren aufflackern lassen.
Ein Ensemble, das mit Esprit und Begeisterung mahnt
«Die Stückauswahl basierte unter anderem darauf, wie viel Stoff und Entfaltung es den Schauspieler:innen anbietet», sagt Regisseur Matthias Koch nach der gut besuchten Vorführung. Er schaffte es, zusammen mit den Schauspieler:innen eine packende und unterhaltsame Inszenierung zu entwickeln, die mit verschiedenen schauspielerischen Stilen, Witz und Mahnung jongliert. Den distanzierten (Des-)Illusionismus des Biedermanns kontrastieren die ans Publikum gewandten mimischen Bemerkungen der Brandstifter:innen und epische Thematisierungen des Schicksals.
Wie extremistische, populistische Ideologien derzeit immer mehr in die Mitte der Gesellschaft rücken, sei laut Koch ebenso Grund gewesen, sich diesem Klassiker anzunehmen. Und obwohl die Absichten der Brandstifter:innen szenisch auf der Hand liegen und die dem Stück inhärente Parabel jegliche Weltkrisen ins Gedächtnis rufen, geht man mit einem Lächeln und nicht zu schweren Schultern ins Foyer zurück. Denn wenn man angesichts der Weltlage die Hoffnung verlieren möchte, findet man diese wieder, wenn man verspürt, wie der Zusammenhalt und die Leidenschaft der Beteiligten sich auf das Publikum übertragen.
Alle, die sich «Biedermann und die Brandstifter» wieder einmal zu Gemüte führen möchten, oder für jene, die den Funken dieses Klassikers noch nicht gespürt haben, werden in Ruswil fündig. Ein perfekter, unterhaltsamer Abend für Jung und Alt, Theateraffine und Theaterfremde, Feuerlöscher:innen und Brandgefährdete gleichermassen.
«Biedermann und die Brandstifter» wird noch an folgenden Daten aufgeführt:
Mittwoch, 20. November
Freitag, 22. November
Samstag, 23. November
Sonntag, 24. November
Mittwoch, 27. November
Freitag, 29. November
Samstag, 30. November
Spielort: Kulturzentrum Tropfstei Ruswil